Beschäftigung für alle. Die Zukunft der Arbeit

Der vorliegende Band, BESCHÄFTIGUNG FÜR ALLE. Die Zukunft der Arbeit, nimmt sich der spannenden sowie essenziellen Themen des Arbeitsmarktes an und wirft Fragen auf, die auf dem Weg in die Zukunft der Arbeit weiterzudenken sind.

Wie werden wir in Zukunft arbeiten?

In BESCHÄFTIGUNG FÜR ALLE. Die Zukunft der Arbeit, dem aktuellen Band der kommunalpolitischen Reihe „Wiener Perspektiven“, laden Politiker*innen sowie Experten und Expertinnen zum gedanklichen Austausch ein, wie eine Arbeitswelt von morgen im Sinne der Arbeitnehmer*innen aussehen kann. Sie beleuchten verschiedene arbeitsmarktrelevante Themengebiete und zeigen mit ihren Fragen und Antworten einen Möglichkeitsraum auf, der zum Weiterdenken anregt.

Wie wir wissen, unterliegt der Arbeitsmarkt auch gesellschaftlichen Gegebenheiten und reagiert auf Umbrüche sowie diverse Einflüsse. So war es bereits in der Vergangenheit, als sich Berufsfelder neu entwickelt haben, andere jedoch mit der Zeit verschwunden sind. Auch in Zukunft werden sich neue Betätigungsfelder ergeben, die bestehende Formen der Erwerbstätigkeit ablösen. Aktuell leben wir in einer Zeit der multiplen Krisen. Zu diesen zählen die COVID-19-Pandemie, ein Klimawandel, der in Klimakrisen führt, zudem zahlreiche Krisenherde und kriegerische Auseinandersetzungen in verschiedenen Teilen der Welt, die Auswirkungen auf das gesellschaftliche Gefüge und monetäre Entwicklungen haben. Letztere kann man unter diversen Teuerungen, die alle Bereiche des Lebens betreffen, zusammenfassen. Auch die fortschreitende Digitalisierung und der technologische Wandel spielen eine entscheidende Rolle in der Veränderung von Erwerbstätigkeit.

Arbeitswelt im Wandel

Neue Formen der Arbeit haben sich entwickelt und sind plötzlich lebbar. Das Homeoffice beispielsweise hat, auch pandemiebedingt, bei einem Großteil der Arbeitnehmer:innen Verbreitung gefunden. Homeoffice ist zwar kein gänzlich neues Phänomen, galt aber in der Vergangenheit lediglich für einen sehr geringen Teil von Beschäftigten in Österreich, die regelmäßig Arbeiten von zuhause aus verrichten konnten.

Die Möglichkeit, außerhalb der Betriebsräumlichkeiten einer Beschäftigung nachzukommen, hat für viele Arbeitnehmer:innen Vorteile, aber genauso wurden Rufe nach einer gesetzlichen Spezialregelung sowie einer besseren Absicherung für alle Arbeitnehmer:innen im Homeoffice laut. An diesem Beispiel wird deutlich, dass neue Formen der Erwerbsarbeit oftmals von arbeitsrechtlichen Fragen begleitet werden, die erst geklärt werden müssen.

Zudem zeichnen sich in unserer neoliberalen Wirtschaftsordnung eine fortschreitende Individualisierung und ein schleichender Verlust von Gemeinsinn als auch von Solidarität ab. Hier gilt es zu fragen, welche Rolle der Sozialstaat auf dem Weg in die Zukunft der Arbeit einnimmt.

Die Schere schließen

Wenn man etwas am Arbeitsmarkt sein muss, dann flexibel. Die moderne Arbeitswelt wünscht sich von Erwerbstätigen Flexibilität, und auch Erwerbstätige träumen von Arbeitszeitflexibilisierung, um beispielsweise eine Work-Life-Balance erreichen zu können bzw. Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Denn neben all den Herausforderungen, die die moderne Arbeitswelt für Erwerbstätige mit sich bringt, gibt es noch genügend alte Baustellen, wie die bestehende Ungleichheit am Arbeitsmarkt. Als Grundforderung gilt: Menschen sollen fair und gerecht für ihre Arbeit entlohnt werden! In diesem Zusammenhang tut sich jedenfalls die Debatte auf, wer beziehungsweise was den Wert der Arbeit schlussendlich definiert und damit auch die Höhe der Entlohnung?

Tatsache ist, dass Frauen immer noch für die gleiche Arbeit weniger Einkommen lukrieren als ihre männlichen Kollegen. Zusätzlich übernehmen Frauen nach wie vor den Löwinnenanteil der Kinderbetreuung. Denn der gesellschaftliche Konsens sieht vor, dass die Frau jene Person ist, die mit der beginnenden Mutterschaft auch ihre Selbstbestimmung und ihre Ambitionen, am Arbeitsmarkt zu bestehen, stark zurücksteckt oder gänzlich aufgibt. Sie ist nun vordergründig für Care-Tätigkeiten sowie die Kinderbetreuung zuständig und sollte das auch glücklich und zufrieden verrichten. Allerdings schafft dies selbsterklärend für Frauen Benachteiligungen am Arbeitsmarkt, die sich bis zur möglichen Altersarmut in der Pension auswachsen. Hier braucht es eine familienfreundliche Politik, die auch das Wohl der Frauen im Fokus hat und sich um lebbare Antworten bemüht, die über bloße Lippenbekenntnisse hinausgehen. Eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist möglich, sofern der politische Wille da ist und die richtigen Impulse gesetzt sowie die dafür notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, ganz nach dem Motto „equal rights, equal pay, equal care“. Wie auch Bürgermeister Dr. Michael Ludwig in seinem Vorwort zum Buch ausführt, sind wichtige Mittel der Wiener Frauenpolitik unter anderem die Einführung des beitragsfreien Kindergartenjahres sowie der Ausbau der kostenfreien, verschränkten Ganztagsschule. Dass die Wiener Maßnahmen wirken, zeigen die Entwicklungen beim Gender-Pay-Gap und dem Gender-Pension-Gap, wo sich erfreulicherweise in Wien die Schere kontinuierlich schließt. (vgl. Beschäftigung für alle. Die Zukunft der Arbeit, 2023).

Arbeitskultur auf Augenhöhe

Prinzipiell geht es darum, ob eine Gesellschaft und ihre Individuen bereit sind und es sich auch erlauben, Arbeit neu zu denken und neue Formen der Arbeit zu gestalten. Es gilt, genau hinzusehen und blinde Flecken oder auch Bereiche, die bewusst aus dem Sichtfeld ausgespart werden, zu berücksichtigen. So betont Bürgermeister Ludwig, dass es eine Notwendigkeit gibt, darauf zu achten, „dass die Zahl der prekären Arbeitsverhältnisse nicht steigt und wir die Menschen weiterhin in Beschäftigung halten. Wien muss weiterhin Angebote schaffen, um jenen zu helfen, die sich weiterqualifizieren oder beruflich umorientieren wollen oder auch müssen“ (Beschäftigung für alle. Die Zukunft der Arbeit, 2023).

Denn auch, wenn die Sehnsucht nach Recht, Gerechtigkeit, Gleichheit und Autonomie am Arbeitsmarkt besteht, ist Erwerbsarbeit ein Balanceakt zwischen Freiwilligkeit und Fremdbestimmung, welche im Prekariat die schlimmsten Formen der Ausbeutung angenommen hat. Die im Dunkeln sieht man nicht, und doch führt kein Weg daran vorbei, dass entgrenzter Arbeit rechtliche Grenzen gesetzt werden müssen, um – im besten Fall – zu einer Arbeitskultur auf Augenhöhe zu kommen. Vielleicht gelingt es in Zukunft, Arbeit als Prozess der bewussten schöpferischen Auseinandersetzung des Menschen mit der Tätigkeit zu sehen und dessen geschöpften Wert, rückgespielt, für die Allgemeinheit und die Gesellschaft an sich wahrzunehmen sowie wertzuschätzen.

Beitrag von Mag.a Elisabeth Kaiser, MA (Stellvertretende Direktorin, Wiener Bildungsakademie)
Beschäftigung für alle
Die Zukunft der Arbeit

von Elisabeth Kaiser | Markus Schober (Hrsg.)

Beschäftigung für alle

Verlag: ÖGB Verlag | Reihe Wiener Perspektiven | 11.04.2023 |
344 Seiten | ISBN: 978-3-99046653-7 | 29,90 EUR
inkl- e-book
BESTELLEN