Ein starker Sozialstaat für mehr Gerechtigkeit

Das Coronavirus SARS-CoV-2 und die zu dessen Eindämmung ergriffenen politischen Maßnahmen haben die Lebens- und Arbeitsbedingungen in Österreich, ebenso wie in anderen Ländern, stark geprägt und teils gravierend verändert. Kaum ein gesellschaftlicher Bereich blieb davon verschont. Dass das Virus keineswegs alle gleich trifft und die Betroffenheiten – auf nationaler wie auch auf globaler Ebene – unterschiedlich sind, belegen aktuelle Studien (vgl. dazu u. a. Steiber 2021; WIFO-Konjunkturberichterstattung; Momentum Institut 2021). Besonders schwer wiegen die Folgen für Gesellschaftsklassen im unteren Bereich der Einkommensverteilung, die oft weder die Ressourcen noch ausreichend Gestaltungsspielräume zur Bewältigung dieser Verwerfungen haben.

Die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie haben in Österreich – auch im internationalen Vergleich – zu einem besonders tiefen wirtschaftlichen Einbruch, u. a. mit einem enormen Anstieg der Arbeitslosigkeit geführt. Sie bedeutet für die Betroffenen nicht nur den Verlust von Einkommen und daraus resultierende Existenzsorgen, sondern auch eine deutliche Verschlechterung des psychischen Wohlbefindens, was sich längerfristig negativ auf die Gesundheit und die Chancen auf eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt auswirken kann (vgl. Kittel/Resch 2020).

Österreichischer Sozialstaat hat Stresstest bestanden

Die multiple Krise im Gefolge der Corona-Pandemie hat die herausragende Bedeutung eines gut ausgebauten Sozialstaates nachdrücklich vor Augen geführt. Der österreichische Sozialstaat hat diesen Stresstest bravourös bestanden, denn er hat u. a. gerade in einer besonders herausfordernden Situation, in der er von besonders vielen Menschen gleichzeitig gebraucht worden ist, bestens funktioniert (vgl. Marterbauer/Buxbaum 2020). Dies gilt nicht nur im Hinblick auf das starke österreichische Spitals- und Gesundheitswesen, sondern auch für viele andere relevante Bereiche sozialstaatlicher Sicherung. So hat etwa der massive Einsatz von Kurzarbeit viele – zeitweise bis zu 1,3 Millionen – Menschen vor den Folgen von Arbeitslosigkeit bewahrt.

Dass es in naher Zukunft eine Rückkehr zur früheren „Normalität“ geben wird, ist nicht zu erwarten. Umso mehr bedarf es gesellschafts- und wirtschaftspolitischer Maßnahmen zur Überwindung der Folgen der COVID-19-Pandemie, denn Wirtschaftswachstum allein ist zu wenig, da es nicht automatisch zu Wohlstand für alle führt. Der österreichische Sozialstaat muss gesichert und ausgebaut, für eine gerechte Verteilung – auch der bezahlten und unbezahlten Arbeit – gesorgt werden (vgl. Wirtschaft und Gesellschaft 2020).

Linktipp

Die Plattform www.sozialleistungen.at bietet allen Interessierten einen einfachen Zugang zu den wichtigsten Informationen über zentrale Sozialleistungen in Österreich.

Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsoffensive

Höchste Priorität kommt dabei einer umfassenden Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsoffensive zu, denn die Arbeitslosigkeit lag selbst im März 2021 noch knapp 30 % über dem Vorjahresniveau (vgl. Leidl-Krapfenbauer 2021). Dazu gehören insbesondere auch eine höhere Existenzsicherung im Falle von Arbeitslosigkeit, eine Qualifizierungsoffensive für Beschäftigte und arbeitslose Menschen sowie eine deutliche Aufstockung der Personalressourcen des AMS (vgl. Mitter 2020). Ebenso dringend erforderlich sind verbesserte Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut.

Zentral sind auch öffentliche Investitionen v. a. in Klimaschutz und der Ausbau von sozialen Dienstleistungen. Es bedarf einer verteilungsgerechten Wiederherstellung der ökonomischen Stabilität, denn Verteilungskämpfe über die Folgekosten der COVID-19-Pandemie dürfen nicht zulasten jener gehen, die von der Pandemie bisher schon am stärksten betroffen sind, wie arbeitslose Menschen, Frauen, Kinder und Jugendliche, Migrant:innen sowie Haushalte mit geringen Einkommen. Zur Finanzierung dieser Kosten bedarf es „progressive[r] Abgaben auf Vermögen und Erbschaften, Spitzeneinkommen und Dividenden mit einem Milliardenaufkommen“ (Arbeiterkammer Wien 2020, 93).

Sicherung und Stärkung

Wie eine rezente Studie zeigt, misst die Mehrheit der in Österreich lebenden Menschen dem Sozialstaat eine hohe, durch die Krise noch gewachsene Bedeutung bei und die – berechtigte – Sorge um ein weiteres Auseinanderdriften von Arm und Reich in Österreich ist groß. Dabei werden zur Finanzierung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie fiskalpolitische Maßnahmen, wie z. B. das Ausweiten öffentlicher Investitionen oder höhere vermögensbezogene Abgaben zur Umverteilung deutlich stärker befürwortet als eine Reduktion von Sozialleistungen.

Insgesamt bedarf es der Sicherung und Stärkung des Sozialstaates. Denn: Exklusion, also der Ausschluss von Menschen von sozialer, gesellschaftlicher und politischer Teilhabe, schadet nicht nur den davon Betroffenen, sondern allen (vgl. Kohlenberger 2021). Eine gerechte Gesellschaft ist für alle besser.

Sozialleistungen im Überblick 2021

Mehr Informationen rund um Sozialleistungen in Österreich liefert auch der aktuelle Ratgeber „Sozialleistungen im Überblick“.

Von der Familienbeihilfe bis zur Alterspension, von der Rechtsgrundlage und Finanzierung der jeweiligen Leistungen bis hin zu Anspruchsvoraussetzungen und praktischen Hinweisen zur Antragstellung dient der Ratgeber als Nachschlagewerk und Orientierungshilfe bei der Inanspruchnahme von Sozialleistungen.

Erhältlich im Onlineshop des ÖGB-Verlag oder vor Ort in unserer Fachbuchhandlung (Rathausstraße 21, 1020 Wien).